
Entstehung und Einsatz der Baureihe 229 stehen symbolisch für die Entwicklung der beiden deutschen Bahnen nach der Wende. In der Nachwende-Euphorie als Beitrag der DR zur Beschleunigung der Fernreisezüge geschaffen, fanden sich für die 140 km/h schnellen Maschinen wegen fortschreitender Elektrifizierung schon nach kurzer Zeit keine geeigneten Einsatzmöglichkeiten mehr. Erprobungen im Bereich der früheren Bundesbahn führten - wohl auch wegen unüberwindlicher Vorurteile gegen die von Krupp vollständig überarbeitete "Ostlokomotive" - nicht zum Erfolg. Nach kurzer Abstellzeit fanden die 20 Lokomotiven Mitte 1995 in Erfurt ein neues Einsatzgebiet, ihr Leistungsvermögen wird dort allerdings kaum ausgeschöpft. Mit dem RE 4057 Eichenberg-Erfurt passiert 229 118 am 2. Mai 1997 eine Wegeunterführung bei Eckardtsleben südlich von Bad Langensalza.

Rund vierzig Schienenverbindungen wurden durch die Grenzziehung zwischen Ost und West unterbrochen. Auch die Strecke Hagenow Land-Ratzeburg, die einst von Schnellzügen Berlin-Kiel genutzt wurde, war ein Opfer der Teilung. Mittlerweile sieht es so aus, als ob der verbliebene Rest bis Zarrentin ein Opfer der Wiedervereinigung werden könnte, denn für lange Personenzüge wie den P 9372, der am l2.April 1991 mit 112 797 den Bahnhof Bantin verläßt, reicht das Verkehrsaufkommen nicht mehr aus. Die Betriebsführung der Strecke wurde zwar ausgeschrieben, aber die Abbestellung des gesamten Zugverkehrs erfolgte im Jahr 2000.

Bei der Neustrukturierung ihres Güterverkehrs orientierte sich die Reichsbahn am "Vorbild" des großen Bruders Bundesbahn. Die hatte schon Ende der achtziger Jahre entschieden, den herbstlichen Zuckerrübenverkehr wegen vermeintlicher Unwirtschaftlichkeit einzustellen, obwohl Beispiele anderer Bahngesellschaften, z.B. der Schweizerischen Bundesbahnen, zeigen, daß es auch anders geht. So waren Züge wie dieser Leergüterzug mit 120 Achsen, der sich am 27. Oktober 1991 mit 118 628 bei Plüschow auf dem Weg zur Rübenverladung in Grevesmühlen befand, schon 1992 bei der DR nicht mehr zu sehen.

Die Geschaftspolitik von DB Cargo setzt auf das Prinzip "schwere Last und lange Strecken" Investitionen in die Beschleunigung des Güterverkehrs zwischen Schweden und Deutschland fügen sich in dieses Konzept bestens ein, sind die Güterzüge in Richtung Süden doch überwiegend mit Papier bzw. Zellulose und Stahlprodukten beladen. Wegen der starken Steigungen im früheren "Fährkomplex Mukran" wird im Rangierdienst des neuen Bahnhofs Saßnitz Fährhafen die Baureihe 291 eingesetzt. Am 1. Mai 1998 macht sich die in Rostock Seehafen heimatete 291 008 daran, einen Wagen des soeben angekommenen IR 316 "Kurt Tucholsky" zusammen mit einigen Güterwagen aufs Fährschiff zu bringen.

In der Hoffnung auf neue Aufträge testet die Schienenfahrzeugindustrie immer wieder für das Ausland bestimmte Lokomotiven im harten Planeinsatz bei der DB AG. Ohne Erfolg blieben bisher alle Verkaufsbemühungen im Diesellokbereich, ist doch infolge von Elektrifizierungen und rückläufigem Güterverkehrsaufkommen immer noch ein Überbestand an Triebfahrzeugen zu verzeichnen. Zu Beginn des Jahres 1998 war der als 250 001 eingereihte "Blue Tiger" der Firma Adtranz im Kalkverkehr zwischen Halberstadt und Beddingen eingesetzt, als er am 23. März bei Drübeck fotografiert wurde.

Mit dem Abzug der russischen Truppen verschwanden auch die ausschließlich dem Heimaturlaubsverkehr der Soldaten dienenden Züge, die aus russischen Weitstreckenschlafwagen gebildet wurden. Am 21. Oktober 1991 war 132 140 mit dem Dm 38946 auf der Magistrale bei Bergzow-Parchen in Richtung Magdeburg unterwegs.

Engagierte Eisenbahnfreunde und Reichsbahner hatten schon 1990 die Idee, die noch zahlreich vorhandenen betriebsfähigen Dampflokomotiven nicht nur für Sonderfahrten, sondern auch vor planmäßigen Zügen einzusetzen. Der "Plandampf" war geboren! Die Rahmenbedingungen waren günstig: Einrichtungen zur Versorgung der Loks mit Wasser und Kohle gab es noch fast überall, und die Fahrpläne der Züge konnten wegen der niedrigen Höchstgeschwindigkeiten im DR-Netz mit Dampf problemlos gehalten werden. Von den Fans waren "nur" die Mehrkosten für die Dampftraktion zu tragen. Zu den spektakulärsten Veranstaltungen gehörte zweifellos "Viva Magistrale" im Oktober 1991. Zwischen Berlin und Magdeburg konnten Schnellzugloks auf dieser Flachlandrennstrecke zeigen, was in ihnen steckte. Am 21. Oktober 1991 donnert 03 1010 zur Freude der an den geöffneten Fenstern des ersten Wagens tauschenden Fans mit dem D 647 gen Hauptstadt.
Reichsbahn im Wandel seit 1989